Das Aeolion steht auffällig und exponiert in der Landschaft: Das drehbare Instrument von Florian Dombois streckt sich gen Himmel, als warte es auf den Wind. Zugleich stellt es sich dem Mensch in den Blick und fordert die Betrachter auf, es zum Klingen bringen. Wird das Aeolion geschickt in den Wind gedreht und die Saite über einen Hebel sensibel gespannt, dann macht es auch einen schwachen Wind hörbar.
Die schwingende Klaviersaite koppelt drei Teile des Instruments: den Summer, die Harfe und das Tremolo. Der Summer befindet sich im oberen Teil – ein Band, das im Wind surrt und seine Schwingungen die Klaviersaite überträgt. Diese schwingt dann in einem natürlichen Windkanal, der Harfe. Unten überträgt die Saite alle Oszillationen auf einen Resonanzkörper, eine Trommel und durch deren Fell hindurch weiter zu einem Tremolostab.
Aktives Zuhören und klanglich-spielerisches Erkunden
Das Aeolion klingt bei etwas Wind von allein – aber Besucher und Besucherinnen können sich in die Bedingungen dieser Klangerzeugung einmischen: Mit dem Tremolostab lässt sich der unteren Abschnitt der Saite kontrollieren und die Spannung des gesamten Systems stimmen. Das beeinflusst die Tonhöhe der Saite. Sobald das Aeolion über die Bodenschiene gedreht wird, ändert sich der Winkel zum Wind. Und das wirkt sich auf die Anregung der Saite sowie die Anregung des Summers aus. Es hat Folgen für die Lautstärke, in der das Aeolion dann klingt.
Dem Ereignis zum Klang verhelfen
Florian Dombois will eine Verbindung schaffen: zwischen Oben und Unten, Himmel und Erde, Wind und Mensch. Wind ist Weltatem. Meist sind Instrument dafür da, sich selbst auszudrücken – nicht so das Aeolion, dessen Namen eine Anspielung auf König Aiolos in der antiken Dichtung ist, den Hüter der Winde. Mit dem Aeolion kann sich der Spielende nicht selbst exponieren. Er kann sich mit dem, was er tut, nur in die Veränderlichkeit des Windes einfinden und dabei lernen, mit ihr umzugehen. Wie bei den Drachen führt der Wind. Der Mensch, so Dombois, sei nur dazu da, dem Ereignis Wind zum Klang zu verhelfen.
Über den Künstler
Florian Dombois studierte Geophysik und Philosophie und promovierte im Bereich Kulturwissenschaften. Als Künstler beschäftigt er sich mit Zeit und Modellen, Landformen, Labilitäten, seismischen und tektonischen Aktivitäten und insbesondere mit Klang. Er gründete (und leitete 2003 bis 2011) das Institut Y an der Berner Hochschule der Künste und ist seit 2011 Professor an der Zürcher Hochschule der Künste ZHdK. Er lehrt als Gastprofessor in Europa, Asien und Amerika und erhielt 2010 den Deutschen Klangkunst-Preis.
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